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Gesine Janssen , Deutschland lag hinter uns - Dr. Kretschmer Buchbeschreibung - Presse 2018

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November 10. 2023 11:07:12
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Gedenken 2014





09.11.2014 Gedenken zur Pogromnacht in Emden

Die Schüler Tolga Öztürk, Markus Bergmann, Eike Schultz und Jan Mücher des Johannes-Althusius-Gymnasiums Emden gestalteten unter der Anleitung ihres Geschichtslehrers Ralf Hambach die Gedenkveranstaltung zur Pogromnacht am Mahnmal der Emder Synagoge. Daneben sprachen Oberbürgermeister Bernd Bornemann und Dr.Rolf Uphoff als 1. Vorsitzendem der Max-Windmüller-Gesellschaft. Im Anschluss an die Veranstaltung wurde im Forum der VHS Emden eine Filmskizze von Gesine Janssen und Siegfried Sommer über Erinnerungen von Gustel Nussbaum, einer Jüdin mit Emder Wurzeln, präsentiert.

EZ 09.11.2014                        OZ 09.11.2014                       Plakat


Rede von Dr. Rolf Uphoff, 1. Vorsitzender der Max-Windmüller-Gesellschaft, am 9.11.2014 an der Gedenkstätte für die zerstörte Synagoge an der Bollwerkstraße in Emden:


Der 9. November 1938, vor nunmehr 76 Jahren, begann als ein ganz normaler, grauer Novembertag. Er endete mit einem Verbrechen, das Juristen nach 1945 als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ definierten. Nach einem gegen 21.30 Uhr erhaltenen Telefonat des Weser-Ems Gauleiters Carl Röver aus München, der an der Feier des Hitler-Putsches von 1923 im dortigen Bürgerbräukeller teilnahm, löste Kreisleiter Bernhard Horstmann die Ereignisse der Pogromnacht in Emden aus. Röver handelte auf ein Stichwort von Joseph Goebbels, nachdem der Tod des Botschaftsrats vom Rath bekanntgegeben worden war. Dieser erlag den Folgen eines Attentats des Herschel Grynspan, dessen Eltern als Staatenlose nach Polen abgeschoben worden waren. Dasselbe Schicksal hatten in Emden Familien der jüdischen Gemeinde erlitten, die vor dem Ersten Weltkrieg nach Deutschland eingewandert waren.
Der Ablauf der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 lässt sich in drei Teile untergliedern
1.Brandstiftung der Synagoge um 23.30 Uhr durch den Kreisleiter Bernhard Horstmann und dreier Helfer
2.Die sogenannte Aufholung der jüdischen Bürger zum Schulplatz der Neutorschule, Zerstörung der jüdischen Geschäfte und Wohnungen sowie deren Plünderung;. Erniedrigung, und Misshandlung der zur Neutorschule Verschleppten. Nach dem Tenor der Prozessakten zur Pogromnacht wurden Aufholung und Drangsalierung der Opfer durch SA-Standartenführer Kroll und seinem Adjutanten Otto Bennmann organisiert.
3.Ermordung des Schlachters Daniel de Beer. Die Umstände dieses Verbrechens konnten nie völlig geklärt werden. Die staatsanwaltlichen Ermittlungen nach 1945 ergaben, dass sich de Beer in die Polizeiwache am Delft geflüchtet hatte. Hier wurde er durch einen SA-Mann namens Johann Böhmer hinausgezerrt, ohne dass die Polizisten eingriffen. Die diensthabenden Beamten hörten kurze Zeit später einen Schuss und bargen den schwerverwundeten Daniel de Beer vor den Kanonen aus Friedrichsburg, die sich unmittelbar neben der Wache befanden. De Beer erlag seinen Verletzungen im Krankenhaus.
Die Polizei schaute den Ausschreitungen der „Pogromnacht“ nicht nur passiv zu. Sie wirkte aktiv mit, indem sie den „Aufholern“ von der SA Waffen aushändigte und den zunächst von ihr festgenommenen Leopold Cohen den SA-Leuten übergab. Sie sorgte für die Absperrung der Straße zur Neutorschule. Die Feuerwehr ließ die Synagoge niederbrennen und ergriff nur Maßnahmen zum Schutz der Nachbarhäuser.

Wir gedenken heute dieser Ereignisse der Pogromnacht.
Wir gedenken Daniel de Beer
Wir gedenken Sally Löwenstein, der mit den Männern der jüdischen Gemeinde am 10.11.1938 zum KZ Sachsenhausen gebracht wurde  und dort nach stundenlangem Stehen vor dem Tor zusammenbrach und verstarb.
Wir gedenken Hermann Sax, der die Entbehrungen und Misshandlungen in Sachsenhausen nicht überlebte
Wir gedenken der übrigen Männer der jüdischen Gemeinde, die wie Walter Philipson, die Haft im KZ Sachsenhausen ertragen mussten und Grausamkeiten durchlitten, die ihnen nach ihrer Entlassung auch gegenüber Angehörigen oft den Mund verschlossen.
Wir gedenken der Familien, der Alten, der Frauen und Kinder, die am 10.11.1938 vor ihren geplünderten Geschäften und Wohnungen standen, nachdem sie, aus ihren Wohnungen zur Turnhalle der Neutorschule getrieben eine Nacht der Misshandlungen, Entwürdigungen und Drangsalierungen durchlitten hatten.. Sie galten nicht mehr als deutsche Staatsbürger. Viele schafften es nicht mehr, auszuwandern. Es begann ein Martyrium, das oft in den Vernichtungslagern endete.
Und wir gedenken auch der im Oktober 1938 nach Polen ausgewiesenen Juden in Emden. Sie mussten ihre Heimat verlassen, obwohl sie schon lange in Emden lebten und mit einheimischen Frauen eine Familie gegründet hatten

Die im juristischen Sinne Verantwortlichen wurden nach 1945 nach langen Ermittlungen zu vergleichsweise geringen Strafen verurteilt. Ihre Fälle sind ad acta gelegt, jedoch nicht der Mechanismus, der zur Pogromnacht und schließlich zum Holocaust führte. Die jüdische Minderheit in Deutschland wurde seit 1918 zum Sündenbock für die wirtschaftliche und politische Krise gemacht. Vor allem von den nationalistischen und völkischen Parteien wurde der Bevölkerung suggeriert, dass das Verschwinden der Juden alle Probleme lösen würde.
Dieser Mechanismus würde heute in der gleichen Weise funktionieren und so ist die Erinnerungs- und Gedenkarbeit auch in einer in nunmehr fast 70 Nachkriegsjahren gefestigten bundesdeutschen Demokratie notwendig. Solange Minderheiten für politische Kämpfe instrumentalisiert werden, haben Gedenkveranstaltungen, wie die heutige ihre Notwendigkeit. Wir können das Geschehene nicht ungeschehen machen, wir Nachgeborenen tragen auch keine Schuld, aber wir haben die Aufgabe und Verantwortung, dafür zu sorgen, dass sich Geschichte nicht in einer anderen Weise unheilvoll wiederholt.


Tolga Öztürk, JAG - Der 9. November:


Herzlich Willkommen, wie in jedem Jahr findet auch heute der Gedenktag zum 9.Novembers statt. Wir, Schüler vom Johannes-Althusius-Gymnasium wurden gebeten dieses Jahr den Schülerbeitrag zu leisten. Dieser Bitte kommen wir gerne nach, da Themen, wie der Nationalsozialismus, zurzeit im Unterricht unseres Leistungskurses in Geschichte behandelt werden und freuen uns daher sein zu dürfen. Unsere Aufgabe bestand darin, über den Sinn des Gedenktages 9. November aus unserer Sicht zu sprechen. Wir haben uns deshalb der Frage gewidmet, ob es überhaupt Sinn macht, sich jedes Jahr an einem Tag zu treffen und sich gemeinsam an längst Vergangenes zu erinnern. Uns fiel auf, dass es überraschend ist, dass außer der Reichspogromnacht 1938 viele wichtige Ereignisse der deutschen Geschichte, am 9.November stattfanden, schöne als auch dunkle Tage. Daher stellen wir Ihnen heute chronologisch die wichtigsten Ereignisse der Deutschen Geschichte, die sich am 9. November ereigneten, vor. Zunächst ein Ereignis, dass speziell einige Emder an eine ruhmreiche Schiffszeit erinnert, nämlich den Untergang des kleinen Kreuzers Emden vor den Kokosinseln im Indischen Ozean am 9. November 1914 – also vor genau 100 Jahren. Ein Ereignis, dem bereits ein Spielfilm gewidmet worden ist, welcher beim Filmfest im letzten Jahr uraufgeführt worden ist. Ein sehr bedeutsames Ereignis, an das man sich gerne zurück erinnert, ist der 9. November 1918. Nach der hoffnungslosen Situation im Ersten Weltkrieg befahl die Seekriegsleitung den Matrosen in Kiel noch einmal in eine ruhmreiche Schlacht zu ziehen, die sie, wie jeder wusste, nicht überleben würden. Die Matrosen verweigerten einen solchen Selbstmordfeldzug. Da die Regierung – also der Kaiser bzw. die (OHL) oberste Heeresleitung mit den Generälen Ludendorff und Hindenburg, nichts gegen den Kieler Matrosenaufstand unternahm, schlossen sich die kriegsmüden Arbeiter und Soldaten im Deutschen Reich dem Aufstand an, was in eine Revolution mündete. Auf Druck der alliierten Siegermächte, insbesondere den USA, verkündete Reichskanzler Max von Baden die Abdankung des Kaisers Wilhelm II. und übertrug die Macht im Staat an den Chef der SPD Friedrich Ebert. Folglich rief der SPD-Politiker Phillip Scheidemann am 9. November 1918 die demokratische Republik aus. Als Gegner der Parlamentarischen Demokratie proklamierte wenig später Karl Liebknecht eine freie sozialistische Republik, am selben Tag. Um einen Kompromiss zu finden richtete ein Zusammenschluss aus SPD und USPD eine Übergangsregierung, den sog. Rat der Volksbeauftragten, ein. Dieser wurde am 10. November von 3000 Arbeitern und Soldatenräten im Zirkus Busch bestätigt. Endlich war die Monarchie gestürzt, Kaiser Wilhelm floh nach Holland ins Exil. Zum ersten Mal in der deutschen Geschichte gab es eine demokratische Regierung in Deutschland. Ein Ereignis, an das wir uns gerne erinnern und den demokratischen Grundstock für die Demokratie in Deutschland gelegt hat, auch wenn die Weimarer Republik 1933 gescheitert ist, konnten die Macher des Grundgesetztes aus Fehlern Weimars lernen.


Markus Bergmann, JAG - 9. November 1923:


Am 9. November 1923 startete Adolf Hitler, zusammen mit den Generälen Erich Ludendorf und Otto von Lossow, einen Putschversuch. Ziel war es, die Regierungen in Bayern und die Reichsregierung in Deutschland gewaltsam abzusetzen. Grund dafür war die gegenwärtige Situation im Jahre 1923. Es herrschte passiver Widerstand in der Bevölkerung, da die Franzosen das Ruhrgebiet besetzten und die Folgen des Versailler Vertrags der jungen Republik zu schaffen machten. Dies bot Nährboden für radikale Gruppierungen.  Das Fass zum Überlaufen brachte allerdings der von der Regierung Stresemann (SPD, Z, DDP)  angeordnete Abbruch des Widerstands, da die komplette Niederlegung der Arbeit dem Lande finanziell stark zu schaffen machte.
Hitler und seine rechtsradikalen Gefolgsleute starteten einen Putschversuch, welcher jedoch von der bayrischen Polizei niedergeschlagen wurde, dies aber auch nur, weil der General von Seekt, trotz langen Zögerns, sich noch hinter die Regierung stellte. Wenn auch in diesem Fall weniger aus Überzeugung – er war ein Gegner der Republik – als aus nüchternem Machtkalkül. Die Republik lief Gefahr mit der Reichswehr einen Staat im Staate zu haben.
Hitler wurde für 10 Monate inhaftiert, in seiner Haft verfasste er das Buch „Mein Kampf“. Nicht lange darauf wurde die Situation in Deutschland besser, die Goldenen Zwanziger waren angebrochen, die radikalen Gruppen verloren an Mitgliedern.
Diese anfängliche Niederlage konnte Hitler jedoch nicht von seinem Bestreben abhalten, das deutsche Staatsoberhaupt zu werden. Am 30.01.1933 wurde Hitler zum Reichskanzler ernannt, die Situation in Deutschland war nach dem Börsencrash 1929 wieder geprägt von Unzufriedenheit. Die Partei NSDAP gewann an Mitgliedern und wurde stärkste Kraft im Reichstag.
Die Republik war gescheitert. Doch man kann auch nachvollziehen, welche Folgen eine radikale Regentschaft hat. Grundrechte eines jeden, wie Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit, vor allem bei den Juden, wurden beschnitten. Parteien, welcher der NSDAP feindlich gesonnen waren wurden verboten und ihre Mitglieder wurden verfolgt.
Das politische System der Demokratie ist vielleicht nicht perfekt, aber es sichert die Grundrechte eines jeden Bürgers und macht es radikalen Gruppierungen schwer, die Macht zu ergreifen, solange sich die militärische Gewalt loyal gegenüber der Regierung verhält und nicht an dem wichtigen Prinzip der Gewaltenteilung rüttelt.
Der neunte November 1923 ist vielleicht kein Gedenktag, jedoch ist es ein Datum zum Nachdenken, da Adolf Hitler hier erstmals politisch in Erscheinung getreten ist und dieser Putsch zeigt, was Unzufriedenheit in einem Land auslösen kann und das selbst bei einer Staatsformen wie einer  Demokratie.


Eike Schulz, JAG - 09.11.1938:

Wie Herr Doktor Rolf Uphoff schon in seiner Einleitung anmerkte, war der 09.11.1938  zunächst ein gewöhnlicher November-Morgen, der erst am Abend das volle Potenzial seiner Brutalität zum Vorschein brachte. Viele unserer jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger hofften auf ein schnelles Ende des nationalsozialistischen Schrekens, sie verkannten die Gefahr, dieser Tag markierte für unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, der 30er Jahre dann endgültig, dass das Hoffen auf ein einigermaßen ruhiges Leben in der NS-Zeit nicht mehr möglich ist.
Die Ereignisse des 09. Novembers, die Zerstörung von mehr als 1400 Synagogen und zahlreiche jüdische Geschäfte in Deutschland durch die SS und die SA steht als der Beginn der systematischen Verfolgung der Jüdinnen und Juden durch Adolf Hitlers Terror- Regime
Die Hoffnungen das eben jener nur ein kurzzeitiges Problem sei, waren ab nun zerschlagen und der Irrsinn der Nationalsozialisten steuerte auf seinen Höhepunkt zu, den Holocaust, die systematische und Menschenverachtende Ermordung von über sechs Millionen Mitbürgerinnen und Mitbürgern jüdischen Glaubens in und aus ganz Europa. Dem wollen wir heute Gedenken. Unseren jüdischen MitbürgerInnen, die tragisch unter dem NS-Regime gelitten haben und ermordet worden sind. Der 09.11. ist aus dem Blickwinkel des 09.11.1938 ein trauriger Gedenktag. Aber ein Gedenktag muss, um ein Gedenktag zu sein, zu keinem fröhlichen Anlass begangen werden, sondern wir gedenken an solchen Tagen Fehlern, Triumphen und Menschen, um deren Erbe in der Zukunft verantwortungsvoll bewahren zu können, damit wir an Gutes anknüpfen können und Fehler der Vergangenheit nicht noch einmal begehen.
Deshalb wundert es uns als junge Menschen wie wenig das verständnis des Staates Israel für Verfolgung ausgeprägt ist, obwohl sie selber über Jahrhunderte und besondert zur Zeit der Nationalsozialistischen Schreckenherrschaft systematische Verfolgung und menschenverachtende Ermordung erfahren haben.
 

Jan Mücher, JAG - 9.11.1989:

Der 09.11.1989 war einer der schönsten Tage der deutschen Geschichte. Endlich war die Trennung durch die Berliner Mauer beendet und Menschen die sich Jahre oder sogar Jahrzehnte nicht gesehen hatten, konnten sich unter Freudentränen wieder in die Arme nehmen. Doch ich würde an diesem Gedenktag nicht nur den Glücksmomenten des 09.11.1989 widmen, sondern auch um sich mit Mauern weiter zu befassen und darüber nachzudenken vorhandene Mauern niederzureißen. Aber die Mauer ist doch weg oder? Ja die Berliner Mauer, aber es gibt noch so viele Mauern auf der Welt. Nehmen wir doch die Mauer um unser Europa als Beispiel. An manchen Stellen wie bei den spanischen Exklaven Melilla und Ceuta in Nordafrika oder an der Grenze Griechenland/Türkei ist es im wahrsten Sinne des Wortes eine Mauer. Eine Mauer die Menschen trennt und uns angeblich vor einer Überflutung aus „Drittstaaten“ schützen soll. Auch die Berliner Mauer sollte die Bürger vor dem Faschismus schützen, zumindest von offizieller Seite. Das Mittelmeer ist auch zu einer Mauer geworden an der Menschen von Booten abgefangen werden. Es ist der unsichtbare Teil dieser Mauer. Und die dramatischste Gemeinsamkeit der beiden Mauern ist: An beiden sterben Menschen. Deshalb sollte der 09.11. aus Sicht des 09.11.1989 vielmehr neben dem Gedenken an die Bürgerrechtsbewegung ein Besinnen auf den Begriff Mauer sein, um neue Mauern auf der gesamten Welt zu hinterfragen und niederreißen zu können. Zudem sollte man sich auch im Klaren werden, neue Mauern zu verhindern, wie es z.B. im Osten Europas wieder passieren könnte, wenn wir nicht mehr im Frieden denken, sondern nur noch in Waffen und den Dialog vernachlässigen. Die Folge wäre ein neuer Eiserner Vorhang. Eine neue Mauer.



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28.-31.8.2014 Gedenken zum 70. Jahrestag der Liquidation des Ghettos Litzmannstadt in Lodz
Emdens Bürgermeister Rico Mecklenburg und Archivleiter Dr. Rolf Uphoff legen einen Kranz für 123 Emder, Auricher und           Norder Opfer nieder

Vom 28. – 31. August 2014 fanden im polnischen Lodz die Gedenkfeiern zum 70. Jahrestag der Liquidation des Ghettos Litzmannstadt statt. Zu diesen Feierlichkeiten hatte die Stadtpräsidentin von Lodz, Hanna Zdanowska, die Stadt Emden eingeladen.
In jenen Tagen des August 1944 wurden etwa 60.000 Bewohner des Ghettos nach Auschwitz deportiert und die meisten von ihnen in den Gaskammern von Birkenau ermordet. Im Ghetto blieb ein kleines Aufräumkommando von 800 Personen zurück, die den Krieg überlebten.
Schon am 23. Oktober 1941 wurden 122 jüdische Bürger aus Emden, Aurich und Norden zusammen mit Juden aus den Städten Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Köln, Frankfurt, Prag und Wien in das Ghetto deportiert. Die Gesamtzahl der Deportierten aus dem damaligen Reichsgebiet betrug ca. 30.000 Personen. Ab Februar 1942 wurden diese Menschen im Vernichtungslager Chelmno (Kulmhof) in Gasbussen ermordet. Die Emder Deportierten fielen der Vernichtungsmaschinerie in Kulmhof am 15. Mai 1942 zum Opfer.
Die Feierlichkeiten begannen am 28. August mit einem Klezmer-Konzert auf dem Gelände des Parks der Überlebenden, wo sich das Centrum Dialogu befindet, das sich für die Organisation der Feierlichkeiten verantwortlich zeigte. Das Konzert unter der Überschrift „Dus Gezang fin Getto Lodzh“ brachte das Leiden der Ghettobewohner und ihre ständige Konfrontation mit dem Tod beklemmend nahe.
Am 29. August fanden die Hauptfeierlichkeiten  auf dem jüdischen Friedhof von Lodz und der Gedenkstätte der ehemaligen Station Radegast statt. Radegast war von 1941 – 1944 der Ankunfts- und Abfahrtsort für dir Deportierten.
Nach der religiösen Feier am jüdischen Friedhof begaben sich die Teilnehmer der Gedenkfeierlichkeiten auf einem Fußmarsch zur Gedenkstätte Radegast. Hier fand die Hauptfeier statt. Die Stadtpräsidentin hielt die Eröffnungsrede, gefolgt von Vertretern der jüdischen Gemeinde in Lodz, Vertretern von Opferverbänden und anderen Organisationen. Der polnische Staatspräsident Bronislaw Komorowski wurde durch den auch in Deutschland sehr bekannten ehemaligen Ministerpräsidenten Wladislaw Bartozewski vertreten. Er hielt eine fulminante Rede, in der er zur Wachsamkeit gegen jede Form von Gewaltherrschaft, Rassismus und Antisemitismus aufforderte. In einer feierlichen Zeremonie wurden die Kränze zur Ehrung der Opfer niedergelegt. Der Emder Kranz war in den Stadtfarben gehalten und die Schleife trägt auf Deutsch und Polnisch folgende Inschrift:
„Den deportierten jüdischen Bürgern aus Emden und ihren Mitbürgern aus Norden und Aurich zum Gedenken, Oberbürgermeister, Rat und Bürgerinnen und Bürger der Stadt Emden“
Am frühen Nachmittag folgten wir einer Einladung der Stadtpräsidenten und der jüdischen Gemeinde zum Dinner in einer großbürgerlichen Villa in Lodz.
Der Tag schloss ab mit einem philharmonischen Konzert des Quartetts der Vier Kulturen und des Orchesters mit Chor der Arthur-Rubinstein-Lodz-Philharmonie. Die Musik in Verbindung mit Bildern aus dem Ghetto war sehr anrührend und erzeugt eine besondere Atmosphäre.
Der Samstag stand als Sabbat den Teilnehmern zur freien Verfügung. Wir nutzten ihn zum Besuch des Posnanzki-Palastes und des Fabrikmuseums in der Manufaktura. Israel Posnanzki hatte die Textilfabrik „Manufaktura“ in den 1880er Jahren gegründet und war einer der drei Großindustriellen des multikulturellen Lodz vor 1914. Die Manufaktura wurde Ende der 1990er Jahre in eine riesige Shopping, Gastronomie und Vergnügungsmeile verwandelt.
Den Abschluss der Feierlichkeiten bildete am Sonntag, den 31. August, der Besuch des Vernichtungslagers Chelmno mit einer religiösen Zeremonie im Bereich der Massengräber.
Wir Emder nahmen von Lodz eine Menge an Anregungen für die weitere Beschäftigung mit einem dunklen Kapiitel unserer Geschichte mit. U.a. trafen wir uns mit Izabela Kowalczyk, unserer Partnerlehrerin des Lodzprojektes, das von der Max-Windmüller-Gesellschaft der BBS II und des III. Lyceums in Lodz betrieben wird. Frau Kowalczyk zeigte uns interessante Seiten der Stadt.
Auffällig war, dass Emden die einzige deutsche Stadt war, die mit einer offiziellen Delegation vertreten war.

Dr. Rolf Uphoff, Stadtarchiv Emden

Ostfriesenzeitung  6. September 2014


29.8.2014 - Emdens Bürgermeister Rico Mecklenburg
in Radegast/Lodz während der Gedenkveranstaltung


„Den deportierten jüdischen Bürgern aus Emden und ihren
Mitbürgern aus Norden und Aurich zum Gedenken, Oberbürger-
meister, Rat und Bürgerinnen und Bürger der Stadt Emden“


31.08.2014 - Chelmno - Rabbi Keller - Gebet für die Opfer des NS-Terrors


31.08.2014 - Chelmno - Kaddisch für die Ermordeten


28.08.2014 Klezmer-Konzert im Centrum Dialogu Lodz

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27. Januar 2014 - Feierstunde zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus

Schülerinen und Schüler des Gymnasiums am Treckfahrtstief in Emden haben die Gedenkveranstaltung geplant und durchgeführt.

Angefügt sind das Programm, die Rede von Annemarie Roelfs (Jahrgang 12) und die Presse vom 28.01.2014:

- Programm

- Annemarie Roelfs

- EZ 28.01.2014